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Keine zusätzliche Urlaubsersatzleistung aufgrund eines Stipendienbezugs

Wird ein Arbeitnehmer ungerechtfertigt gekündigt, steht ihm eine Kündigungsentschädigung zu. So weit so gut und bekannt. Doch was steht einem Arbeitnehmer zu, der während des Bezugs der Kündigungsentschädigung ein neues Dienstverhältnis eingeht und zusätzlich ein – von einem Dienstverhältnis losgelöstes – Stipendium bezieht? Höchstgerichtliche Rechtsprechung zu genau dieser Fallkonstellation sucht man vergeblich, doch – wie ein erst unlängst vom OLG Linz in 2. Instanz behandelter Fall, mit welchem wir befasst waren, zeigt – führen uns die dieser Frage zu Grunde liegenden Prinzipien und von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze dennoch zur Antwort.

Im erwähnten Fall ging es um eine Arbeitnehmerin (die Klägerin), deren befristetes Dienstverhältnis zeitwidrig beendet wurde, weswegen sie Anspruch auf eine Kündigungsentschädigung inklusive Urlaubsersatzleistung hatte, die ihr vom „alten“ Arbeitgeber ordnungsgemäß ausbezahlt wurde. In weiterer Folge ging die Klägerin – während des Zeitraums, in welchem sie die Kündigungsentschädigung erhielt – ein neues (geringfügiges) Dienstverhältnis ein und bezog zusätzlich ein nicht mit einem Dienstverhältnis verknüpftes Stipendium. Aufgrund des neuen Dienstverhältnisses, rechnete der „alte“ Arbeitgeber die „neuen“ Urlaubsansprüche der Klägerin auf die von ihm zu bezahlende Urlaubsersatzleistung an, was die Klägerin dazu veranlasste, den Differenzbetrag der Urlaubsersatzleistung auf Basis des Stipendienbezugs klagsweise geltend zu machen. Dies mit der Begründung, dass der Stipendienbezug einer selbstständigen Tätigkeit gleichzusetzen sei und eine Anrechnung daher bei einer „Gesamtbetrachtung“ nicht erfolgen dürfe und auch der Urlaubsanspruch gegen den neuen Arbeitgeber ihrer Ansicht nach nur im Verhältnis zum Beschäftigungsausmaß auf die Urlaubsersatzleistung anzurechnen sei.

Geht ein Arbeitnehmer während der Zeit, in der er eine Kündigungsentschädigung inklusive Urlaubsersatzleistung erhält, ein neues Dienstverhältnis ein, so muss er sich gemäß § 29 Angestelltengesetz grundsätzlich alles anrechnen lassen, was er sich infolge Unterbleibens der Dienstleistung (beim alten Arbeitgeber) erspart oder durch die anderweitige Verwendung (beim neuen Arbeitgeber) tatsächlich erworben hat (Vorteilsanrechnung). Dazu zählt auch ein gegen den neuen Arbeitgeber gebührender Naturalurlaub, und zwar unabhängig von der Höhe des Entgelts und des Arbeitszeitausmaßes beim neuen Dienstgeber, weil es nach dem österreichischen Urlaubsgesetz auf den insgesamt in Wochen gebührenden Urlaubsanspruch ankommt. Eine gegenteilige Auffassung würde hingegen gerade dazu führen würde, dass der Arbeitnehmer für dieselbe Zeit (neues Dienstverhältnis, im Rahmen dessen Urlaub konsumiert werden kann einerseits und Bezug der Kündigungsentschädigung vom alten Arbeitgeber andererseits) volle Urlaubsansprüche und zusätzlich Geldersatzansprüche hätte, wodurch er ungerechtfertigt bereichert wäre.

Die Argumentation, dass eine – von der Rechtsprechung geforderte – Gesamtbetrachtung es erforderlich mache, einem Arbeitnehmer, der neben einem neuen Dienstverhältnis ein – von einem Dienstverhältnis losgelöstes – Stipendium bezieht, als „alter“ Arbeitgeber eine Urlaubsersatzleistung auf Basis eben dieses Stipendiums auszubezahlen, weil das Stipendium mit einer selbstständigen Tätigkeit gleichzusetzen sei, geht dabei ins Leere.

Wird ein Stipendium nämlich ohne dahinterstehendes Arbeitsverhältnis gewährt, so entstehen dem Arbeitnehmer auf Basis dieses Stipendiums von vornherein keine Urlaubsansprüche. Der Bezug des Stipendiums hat daher keinerlei Auswirkungen auf die Entstehung (und allfällige Anrechnung) der Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers. Dies selbst dann, wenn man den Stipendienbezug mit einer selbstständigen Tätigkeit gleichsetzen würde, bei welcher ebenfalls von vornherein kein Urlaubsanspruch entsteht.

Hat ein Arbeitnehmer nun also einen anrechenbaren Urlaubsanspruch gegen einen neuen Arbeitgeber und bezieht er während der Dauer dieses neuen Dienstverhältnisses zusätzlich noch ein Stipendium, kann er nicht argumentieren, dass er auf Basis des Stipendiums keinen anrechenbaren Urlaubsanspruch hat und daher vom „alten“ Arbeitgeber eine (zusätzliche) Urlaubsersatzleistung bekommen muss.  Zusammengefasst muss man sich zur Veranschaulichung in einem solchen Fall nämlich lediglich folgendes vor Augen halten:

Wäre das Dienstverhältnis vom „alten“ Arbeitgeber nicht ungerechtfertigt aufgelöst worden und hätte der Arbeitnehmer währenddessen (zusätzlich) ein Stipendium bezogen, so stünde ihm gegen den „alten“ Arbeitgeber auch kein zusätzlicher Urlaubsanspruch zu. Wieso sollte dies nun also bei der Urlaubsersatzleistung (als Teil der Kündigungsentschädigung) der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer mit der Kündigungsentschädigung doch finanziell lediglich so zu stellen ist, als wäre sein Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß aufgelöst worden? Würde man ihm diese zusätzliche Urlaubsersatzleistung gewähren, würde dies nämlich nichts Anderes darstellen, als eine ungerechtfertigte Bereicherung des Arbeitnehmers.

Anders wäre wohl ein Sachverhalt zu beurteilen, demzufolge der Arbeitnehmer während des Zeitraums der Kündigungsentschädigung bloß ein – von einem Dienstverhältnis losgelöstes – Stipendium bezieht, jedoch parallel dazu kein neues Dienstverhältnis eingeht. In einem solchen Fall, würde es nämlich von vornherein an einem anrechenbaren Urlaubsanspruch fehlen, weswegen die Urlaubsersatzleistung (weiterhin) vom „alten“ Arbeitgeber zu bezahlen wäre.

Aber auch in einem solchen Fall, wäre es verfehlt von einer zusätzlichen Urlaubsersatzleistung aufgrund des Stipendienbezugs zu sprechen. Es würde sich dabei ebenfalls „nur um die normale“ Urlaubsersatzleistung handeln, auf die ein Anspruch besteht, weil es eben gar kein neues Dienstverhältnis gibt, aus welchem sich der Arbeitnehmer gemäß § 29 Angestelltengesetz etwas anrechnen lassen müsste.

Verfasst von Alexandra Prodan.

Für Fragen und Unterstützung wenden Sie sich an Árpád Geréd und Alexandra Prodan .

29.11.2021

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